Kostelka: Strafrechtsparagraph 209 muss weg und die Diskrimminierung von Homosexuellen ein Ende haben

7. 6. 2001 – Wien (SK) “Der Paragraph 209 über das Schutzalter ist längst überholt und gehört abgeschafft”, appellierte SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka an die Regierungsparteien FPÖ und ÖVP im Nationalratsplenum. “Es ist im höchsten Maße notwendig, hier umzudenken”, sagte Kostelka, “schließlich ist es nicht totes Recht, das hier abgeschafft werden soll, sondern eine Rechtspraxis, die Menschen kriminalisiert”. FPÖ und ÖVP sollen laut Kostelka endlich anerkennen, dass “Homosexualität keine Krankheit ist, sondern eine persönliche Entscheidung, seine Sexualität zu leben, die nicht durch Strafrechtsparagraphen regelbar ist”.

Der Strafrechtsparagraph 209, welcher das Schutzalter von weiblichen und männlichen Jugendlichen regeln soll, sei in den Siebziger Jahren aufgrund der Überzeugung beschlossen worden, dass vor allem männliche Jugendliche vor homosexueller Verführung (Verführungstheorie, Prägetheorie) geschützt werden müssten, sagte Kostelka. “Die Zweifel, die es daran schon damals gegeben hat, haben sich mittlerweile unwiderlegbar bewahrheitet”, erklärte Kostelka. Die Prägetheorie habe sich als falsch erwiesen.

Nun habe bereits das Oberlandesgericht Innsbruck einen Antrag auf Aufhebung dieses Paragraphen gestellt, so Kostelka. Es gäbe massive Bedenken bezüglich dieser Regelung, da sie unweigerlich zu Ungleichheiten führe sowie erhebliche Zweifel, diese Materie durch das Strafgesetz zu regeln. Kostelka: “Das Oberlandesgericht Innsbruck stellt hier eindeutig die Verletzung von Menschenrechten fest.”

Schließlich handle es sich bei diesem Paragraphen nicht um “totes Recht”, führte Kostelka aus. Jährlich würden zehn bis zwanzig Menschen aufgrund der herrschenden Rechtslage verurteilt. “Es ist im höchsten Maße notwendig, hier umzudenken”, sagte Kostelka. Die Regierungsparteien sollten endlich anerkennen, dass die Sexualität bei Menschen nicht erst mit dem vollendeten 18. Lebensjahr erwache. “Homosexualität ist keine Krankheit”, stellte Kostelka fest, “und nicht durch Gesetze regelbar”.

“Die Regierungsparteien sollen auch zur Kenntnis nehmen, dass es uns mit unserer Forderung nicht darum geht, Jugendliche nicht zu schützen”, erklärte der Klubobmann. Schließlich gäbe es genug Möglichkeiten, Jugendliche vor sexuellen Übergriffen zu schützen, beispielsweise den Paragraph 201 zum Schutz vor Vergewaltigung, den Paragraphen 203 zum Schutz gegen Nötigung oder auch den Paragraphen 205 zum Schutz gegen Schändung. “Wir brauchen den antiquierten Paragraphen 209 einfach nicht mehr”, sagte Kostelka und forderte FPÖ und ÖVP auf, “endlich einen Schritt in Richtung Gleichberechtigung” zu unternehmen. Es ginge um die “Anerkennung von Menschen mit gleichen Rechten” als Beginn einer Rechtsangleichung auch in anderen Bereichen: im Mietrecht, im Zivilrecht, am Arbeitsplatz und in vielen anderen Bereichen mehr.

“Ich habe meine letzte Rede im Plenum des Nationalrates bewusst zu einem Thema der Grundrechte halten wollen”, sagte der scheidende Klubobmann, der ab 1. Juli in die Volksanwaltschaft wechseln wird. (Schluss) nf