offener Brief an GR Marco Schreuder

Lieber Marco!

Mit großer Aufmerksamkeit haben wir die Beiträge in rainbow und gayboy gelesen.

Selbstverständlich ist uns bewusst, dass die Grünen vor der Regenbogenparade punkten und auch die Aufmerksamkeit auf sich lenken wollten. Die schlimme Wiener SPÖ gehört vor der Regenbogenparade schon an den Pranger gestellt.

Die armen LeserInnen können leider nicht nachrecherchieren, was bei der von dir zitierten Gemeinderatssitzung wirklich abgelaufen ist, daher fällt es leicht, Situationen und Abläufe ein wenig „andersrum“ darzustellen. Kontrollieren kann es das breite Leserpublikum ja in diesem Augenblick nicht und für eine negative Agitation und Medienpräsenz ist dieses Thema offensichtlich gut genug.

Bleiben wir jedoch bei den Fakten und Tatsachen:

1. Euer Antrag bezüglich einer Kampagne der Stadt Wien gegen Homophobie im Fußball wurde mehrheitlich abgelehnt, Drahtzieher war hier natürlich die SPÖ.

Tatsache ist, dass die SPÖ angeboten hat, den Antrag mitzutragen, diesen jedoch an den dafür zuständigen Ausschuss zur Beratung zuzuweisen, um eben vorab die richtige Vorgansweise einer Kampagne auszudiskutieren und eventuell dafür eine breite Mehrheit zu erhalten.
Mit dieser vernünftigen und das Thema ernst nehmenden Vorgansweise war jedoch wieder Deine Fraktion nicht einverstanden.

Unserer Meinung nach wäre es vielleicht besser gewesen, vorab einen gemeinsamen Initiativantrag (z.B. Kampagne gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie im Fußball) einzubringen. Außerdem muss diese Kampagne nicht unbedingt die Stadt Wien alleine tragen, wenn es dafür andere Möglichkeiten gibt (Bsp. Kampagne des englischen Fußballbundes). Das andere Beispiel der Berliner Kampagne würde vielleicht die Möglichkeit einer überparteilichen Initiative bieten.
All das, lieber Marco, sollte, wenn man es wirklich ernst meint, professionell im Vorfeld abgeklärt und vorbereitet werden.

2. „…..weiterer Umfaller der SPÖ…., …. und macht nicht einmal mehr das“.

Als in der Politik tätiger Mensch ist Dir der aktuelle Stand, die Problematik und die Vorgansweise zum bevorstehenden Familienrechtspaket bekannt. Dir ist sicher auch bekannt, dass es keine linke Mehrheit gibt und der rechte Koalitionspartner erst überzeugt werden muss. Es dürfte vielleicht Deiner Aufmerksamkeit entgangen sein, dass es am 2. Mail d.J. zum ersten Mal einen Ministerratsvortrag zu dieser Thematik gab. Nunmehr sind Justiz- und Familienressort von der Bundesregierung erstmals offiziell beauftragt, einen entsprechenden Gesetzesentwurf zur Beschlussfassung vorzubereiten.
Alle dafür maßgeblichen Kräfte sind guter Dinge und arbeiten unter Hochdruck an einem Gesetzesentwurf.

Die von euch eingebrachte Aufforderung des Wiener Landtages an die Bundesregierung, für eine Eingetragene Partnerschaft einzutreten, gibt es bereits seit 2005 und wurde am 28.06.05 von der SPÖ Fraktion eingebracht und beschlossen (siehe 57. Sitzung des Wiener Gemeinderates vom 28.06.05, Seite 51 und siehe auch Aussendung RK vom 29.06.05, Whesely: Gemeinderat fordert Eingetragene Partnerschaft).

Wir vermuten daher, dass Dir der noch immer gültige Antrag des Gemeinderates entfallen ist bzw. nicht bekannt war. Solltest Du den Antrag aber gekannt haben, müssen wir deine Ausführungen entweder als bewusste Verdrehung der Tatsachen oder als reinen Populismus betrachten.

Die beiden Anträge – betreute Wohngemeinschaften für lesbische, schwule und transisdente Jugendliche, sowie eine Bedarfserhebung über die Wünsche von lesbisch und schwulen SeniorInnen – wurden ja gemeinsam angenommen und an den zuständigen Gemeinderatsausschuss zugewiesen.

Vielleicht solltest Du lieber Marco – wie in der Vergangenheit auch – vorab den Kontakt zu uns suchen.

Abschließend hoffen wir, Dir zumindest rudimentär die Dinge aus unserer Sichtweise dargestellt zu haben und die Abläufe, den Tatsachen entsprechend, richtiggestellt zu haben.
Für weitere Auskünfte stehen wir Dir – wie auch bisher immer – jederzeit gerne zur Verfügung.

Abschließend möchten wir aber schon mit ein wenig Wehmut feststellen, dass Du es offensichtlich notwendig hast, mit unvollständigen und verdrehten, schlichtweg (auch) falschen Berichten offenbar verloren geglaubtes Terrain zurückholen zu müssen. Deine Partei und unsere Partei haben ihre Standpunkte längst klar gelegt: Es geht um unsere Gleichstellung. Bei uns hat sich da nichts geändert. Ich nehme an, bei den Grünen auch nicht.

Liebe Grüße

Günter Tolar
Vorsitzender
SoHo Bund und Wien

Peter Traschkowitsch
Stv. Landesvorsitzender Wien

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