Unser Leitfaden zur respektvollen und inklusiven Sprache gegenüber LGBTIQ-Personen:

Sprache schafft Bewusstsein! Mit dem, was wir sagen, können wir Akzeptanz fördern oder Vorurteile bekräftigen – wir haben Einfluss auf die Meinungen, die unsere Gesellschaft und oft auch wir selbst vertreten. Gerade Medien, Politiker*innen, Parteien und Organisationen haben deshalb eine besondere Verantwortung, wenn es darum geht, welche Begriffe sie benutzen und welche Bilder sie mit ihren Aussagen zeichnen. Umso mehr gilt das, wenn wir über marginalisierte Gruppen wie die LGBTIQ-Community reden, die mit jahrzehntelanger Ausgrenzung, anhaltender Diskriminierung und eingefleischten Stereotypen konfrontiert ist.

Deshalb geben wir hier allen Kommunikator*innen einen übersichtlichen Leitfaden für eine respektvolle und inklusive Sprache in die Hand. Der Grundsatz dafür ist einfach: Zuhören, informieren und nachfragen. Respektvolle Kommunikation wird immer dann funktionieren, wenn wir miteinander und nicht übereinander reden!

Checklist für respektvolle Kommunikation:

Wenn wir über die LGBTIQ-Community direkt, also über verschiedene Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierung, schreiben oder sprechen, dann gilt der Grundsatz: Zuhören und nachdenken! Gut gemeinte Kommentare können oft genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie eigentlich erreichen wollten. Sie können Vorurteile weitertragen, Diskriminierungen unsichtbar machen und in den schlimmsten Fällen Menschen verletzen. Daher ist es wichtig, sich einige grundlegende Fragen zu stellen:

1. Homo … geht‘s um Gleichstellung oder Sonderrechte?

Wir alle kennen die jubelnden Kommentare über die „Homo-Ehe“ oder die nachdenklichen Beiträge über die Situation von „Homo-Familien“. Genau mit solchen Begriffen werden aber Klischees bedient, die darauf hinauslaufen, dass es sich dabei um „etwas anderes“ als die „normale Ehe“ oder die „klassische Familie“ handelt.

Niemand würde auf die Idee kommen, von der Hetero-Ehe oder den Hetero-Eltern zu sprechen… warum ist es dann wichtig, zu betonen, dass ein Schritt zur Gleichstellung aller eben „Homo-„ ist? Begriffe wie die „Ehe für ALLE“ oder das Englische „Marriage Equality“ zeigen sehr gut, worum es bei vielen Themen wirklich geht:

Dass eine ausgeschlossene Gruppe endlich dieselben Rechte und Pflichten bekommt, wie der Rest der Gesellschaft auch – und darauf sollten wir in unserer Kommunikation auch achten.

2. Im falschen Körper … stimmt das, was ich sagen will auch wirklich?

Vorurteile sind in allen unseren Köpfen, wir kriegen sie von Kindheit auf eingetrichtert und sind uns oft lange nicht bewusst, wie anders die Realität aussieht. Wenn wir diese Vorurteile in unserer Sprache benutzen, dann meinen wir damit oft nichts Böses – genau deshalb gilt auch hier: Informieren! Phrasen wie „im falschen Körper gefangen“, wenn es um die Situation transidenter Menschen geht, zeigen sehr gut, wie weit prägende Vorurteile von der Realität weg sein können … und wie verletzend sie für Betroffene sein können. In unserer modernen Gesellschaft ist es nicht schwer, herauszufinden, wie Gruppen beschrieben werden möchten und was der Stand der Wissenschaft ist. Genau deshalb sollte sich das auch in unserer Kommunikation widerspiegeln. Daher ist etwa der Hinweis, dass sich eine Person nicht mit dem Geschlecht, das ihr bei der Geburt zugeschrieben wurde, identifiziert, weitaus geeigneter, als wieder nur die biologische Komponente zu betonen.

3. Lebensweisen und schrille Partys … bediene ich Stereotypen?

Wir alle kennen die Fotos von Regenbogenparaden, auf denen trainierte Männer in knappen Lederoutfits aus den Zeitungen lachen … und die Statements wohlmeinender Politiker*innen, die ihre „Toleranz für alle Lebensweisen“ verkünden. Und obwohl solche Kommunikation oft gut gemeint ist, bedient sie auch Stereotypen, die oft das Gegenteil bewirken. Denn damit werden Bilder reproduziert, die einen breiten Teil der Gesellschaft auf einige wenige Klischees zusammenschrumpfen und verniedlichen. Wir müssen uns also bewusst fragen: Warum werden nicht die Familien und die Schulgruppen auf Paraden gezeigt? Warum zeigen wir nicht die Ü-60 Lesben und jene Queers, die nicht das westliche Schönheitsideal erfüllen. Und warum vermitteln wir mit dem Gerede von Lebensformen und Lebensweisen, dass Sexualität und Identität etwas sind, was Menschen sich einfach aussuchen können. Dabei geht es nicht um Befindlichkeiten, sondern darum, die LGBTIQ- Community und damit die Vielfalt in unserer Gesellschaft ernst zu nehmen.

So einfach geht's: DOs & DON'Ts!

DO: „Die Ehe für Alle ist ein weiterer Schritt zur Gleichstellung von schwulen und lesbischen Paaren.“
DON’T: „Im Jahr 2017 hat der Verfassungsgerichtshof die Homo-Ehe in Österreich legalisiert.“

Mit der „Ehe für ALLE“ wurde eben kein Sonderrecht für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen – stattdessen bekamen endlich auch Lesben, Schwule und Bisexuelle Zugang zu einer Institution, die ihnen über Jahrzehnte verschlossen war. Im Englischen hat sich genau deshalb schon lange der Begriff der „Marriage Equality“ durchgesetzt, in der deutschen Sprache freuen wir uns über die „Ehe für ALLE“.

Dagegen unterstreichen Bezeichnungen wie „Homo-Ehe“ oder „Schwulen- Ehe“ diesen Grundsatz von Gleichheit eben nicht. Stattdessen wird damit das Bild erzeugt, wonach hier eine Gruppe Sonderrechte für sich beansprucht.

DO: „Bruno lebt nach seinem Coming-Out als offen Schwuler und macht daraus auch an seinem Arbeitsplatz kein Geheimnis.“
DON’T: „Auch heute gibt es im Nationalrat kaum überzeugte Schwule und Lesben – in der FPÖ gibt es keine bekennenden LGBTIQ-Personen.“

Bekennen kann man sich zu Straftaten oder einem Glauben, überzeugt ist man von Ideen. Weder die sexuelle Orientierung noch die Geschlechtsidentität eines Menschen sind Eigenschaften, zu denen Menschen sich bekennen oder von denen sie überzeugt sind – denn das würde bedeuten, dass sie sich mit den richtigen Argumenten auch wieder ändern könnten. Die Frage ist stattdessen, ob eine Person offen lebt und diese Eigenschaften offen zeigen kann oder will.

DO: „Jahr für Jahr feiert und demonstriert die LGBTIQ-Community für gleiche Rechte am Wiener Ring.“
DON’T: „Jahr für Jahr feiert die Homo-Szene mit einer schrillen Party am Wiener Ring.“

Gerne wird die LGBTIQ-Community mit Attributen wie schrill beschrieben, LGBTIQ-Lokale gelten in vielen Medien als die ominöse „Szene“. All das baut nicht nur auf Klischees auf, die eine ganze Gruppe nicht nur verniedlichen, sondern ihnen auch Forderungen abspricht und Diskriminierungen ausblendet. LGBTIQ-Personen sind aber eben keine „exotischen Paradiesvögel“, sondern eine vielfältige und diverse Community mit Herausforderungen, Erfolgen und Kämpfen. Und als genau das sollte sie auch betrachtet werden.

DO: „Durch ihren Sieg hat die Drag-Queen eine Diskussion rund um Geschlechternormen losgetreten. Auch die Rechte von transidenten Personen werden dabei aufgegriffen.“
DON‘T: „Seit dem Sieg der bärtigen Dragqueen ist die Diskussion um Transgender-Rechte in Österreich voll entbrannt!“

Sobald binäre Geschlechtergrenzen überschritten werden, können Verwirrung und Unsicherheit entstehen. Spätestens seit dem Sieg von Conchita Wurst beim Eurovision Songcontest wissen wir leider, dass genau das auch dazu führt, dass Kunstformen wie Travestie und Drag mit der Geschlechtsidentität von Menschen verwechselt werden. Jemand der Drag macht, also einen Charakter schafft und dazu bewusst Geschlechtergrenzen verwischt, sagt damit nichts über seine*ihre Geschlechtsidentität aus … genau dieser Unterschied ist wichtig. Drag und Travestie sind Kunstformen. Trans zu sein, ist eine Geschlechtsidentität. Übrigens: Begriffe wie Transvestit sind durch die diskriminierende Verwendung absolut zu unterlassen! Drag Queen oder Drag King sind gängige Bezeichnungen, die von den Künstler*innen selbst akzeptiert werden.

DO: „Die Regenbogenparade im Juni gehört zu den jährlichen Highlights der LGBTIQ-Community.“
DON’T: „Die Schwulen-Parade im Juni gehört zu den jährlichen Highlights der Homosexuellen-Community.“

Gerade im Regenbogenmonat Juni, wenn in ganz Österreich Paraden, Kundgebungen und Demonstrationen ein Zeichen für Gleichstellung und gegen Diskriminierung setzten, fallen oft skurrile Begriffe für diese Veranstaltungen: Vor allem in den Medien werden sie gern als „Schwulen-Paraden“, „Regenbogen-Partys“ oder manchmal sogar als „Love Parades“ bezeichnet – dabei handelt es sich um Veranstaltungen, die trotz ihrer Buntheit und Ausgelassenheit vielfältig und vor allem politisch sind. Und genau so sollten sie auch wahr- und ernstgenommen werden … vor allem, in dem sie mit jenen Begriffen beschrieben werden, die sie sich selbst geben – egal ob als Regenbogenparade, Christopher Street Day oder PRIDE-Demonstrationen.

DO: „Geschlechtsangleichende Operationen sind für manche Transpersonen wichtig, damit der eigene Körper das gelebte Geschlecht widerspiegelt.“
DON’T: „Viele Transsexuelle brauchen eine Geschlechtsumwandlung, weil sie im falschen Körper geboren sind.“

Gerade wenn es um Fragen zur Geschlechtsidentität geht, kommen be- sonders viele Vorurteile oft auch unbewusst in unseren Sprachgebrauch. Die Idee, dass „transsexuelle Personen“ zum Beispiel „im falschen Körper“ leben und deshalb eine „Geschlechtsumwandlung“ brauchen, ist nicht nur unwissenschaftlich, sondern auch verletzend. Nicht alle transidenten Personen wollen oder können ihr biologisches Geschlecht an das soziale Geschlecht angleichen, in dem sie leben; nicht alle transidenten Personen leben als Mann oder Frau, sondern verwenden alternative Geschlechtsbezeichnungen; und Transidentität sagt nichts über die Sexualität eines Menschen aus. Worum es in der Sprache daher geht, ist einmal mehr Respekt und eine Auseinandersetzung mit der Thematik: Als zentrale Bezeichnungen sollten daher „Transpersonen“, „Transidentität“ und in Fällen, bei denen es um Operationen geht, „geschlechtsangleichend“ sein.

DO: „Mit dem sogenannten dritten Geschlechtseintrag können intergeschlechtliche Personen ihr gelebtes Geschlecht eintragen, wenn dies nicht männlich oder weiblich ist.“
DON’T: „Mit dem dritten Geschlechtseintrag können sich endlich auch Intersexuelle richtig eintragen lassen.“

Die intergeschlechtliche Community ist noch immer mit besonderen Vorurteilen und Stereotypen konfrontiert. In vielen Begriffen und Bezeichnungen schwimmt die Idee mit, dass intergeschlechtliche Personen ihr Leben lang als „Zwitter“ mit Geschlechtsmerkmalen von Männern und Frauen leben. Der Begriff Zwitter ist hier vollkommen fehl am Platz. Er zeigt nicht nur fehlendes Verständnis für Varianten der Geschlechtsentwicklung, sondern verharmlost auch die Lebenserfahrung vieler intergeschlechtlicher Menschen: Nicht jede intergeschlechtliche Person wird mit verschiedenen Geschlechtsmerkmalen geboren; viele erfahren schon in der Kindheit durch medizinisch nicht notwendige Eingriffe dauerhafte Traumatisierung; bei anderen zeigt sich Intergeschlechtlichkeit erst in der Pubertät, in verschiedenem Ausmaß oder gar nicht. Genau diese Vielfalt muss auch respektvolle Kommunikation widerspiegeln. Zudem sollte der Begriff intergeschlechtlich verwendet werden, da es sich dabei um keine sexuelle Orientierung handelt.

Auch in unserem alltäglichen Sprachgebrauch finden sich Worte, Ideen und Ausdrücke, die das genaue Gegenteil von respektvoller Kommunikation sind. Absolute DON’Ts sind daher:

„Nur eine Phase…“ – Mit Aussagen wie diesen werden die Sexualität und Identität von Menschen nicht nur klein gemacht, sondern auch verniedlicht. Gerade für junge Menschen ist der Prozess des Outings vor verschiedensten Umfeldern oft psychisch besonders belastend – genau das muss respektvolle Kommunikation auch ernst nehmen.

„Vom anderen Ufer…“ – Die Idee, dass Schwule und Lesben „vom anderen Ufer“ sind, schwimmt mit im großen Meer an Vorurteilen und Klischees über sexuelle Orientierungen. In der Kommunikation geht es darum, solche Stereotypen zu überwinden – und anzuerkennen, dass Sexualitäten vielfältig, komplex und individuell sind.

„Der schwule Zebrastreifen“ – Viele Zeichen der Sichtbarkeit für die LGBTIQ-Community werden gern mit Begriffen wie die „Schwulen-Fahne“ be- zeichnet, nur weil sie in Regenbogenfarben sind. Regenbogen-Zebrastreifen sind aber nicht lesbisch, Regenbogen- Zebrastreifen nicht queer … sie sind un- belebte Dinge, die für Sichtbarkeit und Akzeptanz stehen. Reden wir also lieber über ihre Bedeutung, als ihnen eine Sexualität zuzuschreiben.

„Alternativer Lebensstil“ – Schwul, lesbisch, bisexuell oder queer zu sein, ist kein Stil, den sich Menschen aussuchen. Zudem bedeutet „alternativ“ abseits einer gesellschaftlichen Normalität zu sein. In unserer Sprache müssen wir darauf achten, die LGBTIQ-Community nicht als „das Andere“ zu titulieren. Auch sagen Sexualität und Identität nichts über den gesamten Lebensstil eines Menschen aus.

„Alternative Lebensformen“ – Die Lebensform beschreibt das private (Zusammenleben) – ob allein in Privat- haushalten, in Partner*innenschaften, Verheiratet, mit Kindern, bei den Eltern usw. Auch hier sind gleichgeschlechtliche Paare oder „Regenbogen-Familien“ keine speziellen Formen.

„Die Homosexuellen- Community“ – Gerne versuchen wir, Abkürzungen bzw. schwierige Begriffe zu vermeiden. Dennoch ist es wichtig, dass wir in unserer Sprache die Community als Ganzes sichtbar machen. Also schrecken wir nicht davor zurück, gegebenenfalls zu erklären, von was wir sprechen: „Die LGBTIQ-Community (die englische Abkürzung steht für lesbische, schwule, bi- und transidente sowie intergeschlechtliche Menschen)…“

 

Sexuelle Orientierung & Geschlechtsidentität – ein Unterschied:

Sexuelle Orientierung

Durch gesellschaftliche Fortschritte hören wir immer öfter von Kategorien wie „schwul“ oder „lesbisch“. Diese bezeichnen die sexuelle Orientierung, also zu welchem Geschlecht sich eine Person hingezogen fühlt. Die sexuelle Orientierung sagt aber nichts über die Geschlechtsidentität eines Menschen selbst aus, sondern nur darüber, wen sie begehren. Lesbisch, schwul, bisexuell, pansexuell oder asexuell sind ausschließlich Bezeichnungen für das sexuelle Begehren, dass Menschen empfinden. Ob die Personen nun Cis oder Trans sind, ist nicht relevant. Wen ein Mensch begehrt, wird nicht durch seine Geschlechtsidentität bestimmt.

Geschlechtsidentität

Die Geschlechtsidentität sagt uns, in welchem Geschlecht ein Mensch lebt bzw. leben möchte – das ist unabhängig vom Körper, den Geschlechtsmerkmalen oder auch dem Aussehen. Beschreibungen wie „Transgender“ – oder besser: „transident“, „intergeschlechtlich“ oder „non-binär“ fallen unter diese Kategorie.

Die Geschlechtsidentität kann von jenem Geschlecht abweichen, dass bei der Geburt zugeschrieben worden ist. Ein Mensch, der mit weiblichen Körpermerkmalen geboren wurde, sich aber als Mann identifiziert, ist transident. Trans*Personen bewegen sich auf einem breiten Spektrum, nicht immer muss der Körper an das gelebte und gefühlte Ge- schlecht angeglichen werden. Ob beispielsweise geschlechtsangleichende Eingriffe für eine Person wichtig sind, ist eine individuelle Entscheidung. Auch das biologische Geschlecht selbst, muss nicht immer eindeutig „weiblich“ oder „männlich“ sein. Intergeschlechtliche Menschen, also Personen, deren Körper sich in einem medizinischen Spektrum zwischen männlich und weiblich bewegt, sind von Geburt an nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen. Menschen, die mit dem ihnen durch ihre biologischen Merkmale zugewiesenen Geschlecht konform sind, werden Cis genannt (Cis-Männer und Cis-Frauen).

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