Massiver Anstieg bei LGBTIQ-feindlicher Gewalt – SoHo fordert raschen Aktionsplan!

215 Fälle von vorurteilsmotivierten Verbrechen allein im 3. Quartal 2021 zeigen dringende Notwendigkeit eines koordinierten Vorgehens gegen Hate Crimes!

Erst seit Ende 2020 werden vorurteilsmotivierte Verbrechen in Österreich statistisch erfasst und in der kurzen Zeit seitdem zeigen parlamentarische Anfragen der SPÖ eine massive Steigerung von Hate Crime, insbesondere gegen die LGBTIQ-Community. Wurden für das erste Halbjahr 2021 noch 160 vorurteilsmotivierte Verbrechen wegen der sexuellen Orientierung bzw. dem Personenstand Inter/Divers gemeldet, so waren es allein im 3. Quartal des Vorjahres schon 215. Neue Anfragebeantwortungen des Innenministeriums unterstreichen damit den dringenden Handlungsbedarf der Bundesregierung.

„Wir erleben in den letzten Monaten nicht weniger als eine Explosion von Hate Crimes gegen die LGBTIQ-Community. Was zahlreiche Medienberichte im vergangenen Jahr gezeigt haben, wird jetzt durch handfeste Statistiken des Innenministeriums bestätigt. Die Zeit des Wegsehens muss vorbeisein, die Bundesregierung kann dieses Problem nicht länger ignorieren. Österreich braucht endlich das, was andere Länder längst haben: Einen umfassenden Aktionsplan gegen Hate Crime und für den Schutz der LGBTIQ-Community auf jeder Ebene.

So lange Menschen in unserem Land Angst haben müssen, auf der Straße zu zeigen, wer sie sind oder wen sie lieben – solange darf die Politik nicht untätig bleiben. ÖVP & Grüne müssen endlich handeln!

Mario Lindner, SPÖ-LGBTIQ-Sprecher & Vorsitzender der SoHo Österreich

215 Hate Crimes gegen LGBTIQ-Personen, allein zwischen Juli und Oktober 2021:

Schon seit Mitte 2021 zeugten zahlreiche Medienberichte von einem Anstieg von LGBTIQ-Feindlichkeit in Österreich. Im Fokus standen dabei Berichte über zerstörte Regenbogenfahnen, Vandalismus, aber auch von tätlichen Angriffen gegen LGBTIQ-Personen. Bereits im Juli 2021 veröffentlichte die sozialdemokratische LGBTIQ-Organisation SoHo einen ersten Report, der die Notwendigkeit schnellen politischen Handelns unterstrich (s. https://www.soho.or.at/bericht-lgbtiq-community-2021/). Mehrere parlamentarische Anfragen von SPÖ-LGBTIQ-Sprecher Mario Lindner haben seitdem gezeigt, dass dieses Problem deutlich schlimmer ist, als bisher angenommen: Während das Innenministerium im ersten Halbjahr 2021 insgesamt 160 Fälle von vorurteilsmotivierten Verbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Geschlechtseintrags „Inter/Divers“ meldete, zeigt eine neue Anfrage, dass es allein zwischen Juli und Oktober bereits 215 Fälle waren. Das dritte Quartal 2021 bringt damit mehr als eine Verdoppelung der gemeldeten Verbrechen gegen LGBTIQ-Personen – die Dunkelziffer dürfte, wie alle internationalen Studien zeigen, um ein zigfaches höher sein.

SoHo & SPÖ fordern Aktionsplan gegen Hate Crimes – ÖVP & Grüne lehnen ab:

Die SPÖ und die sozialdemokratische LGBTIQ-Organisation SoHo forderten angesichts dieser Entwicklungen bereits im Zuge einer Hate Crimes Konferenz im September 2021 einen Aktionsplan der Bundesregierung gegen LGBTIQ-feindliche Gewalt ein. Diese Forderung wird seitdem aber von der Bundesregierung blockiert. Erst in der vergangenen Woche wurde ein entsprechender Antrag im Gleichbehandlungsausschuss des Nationalrats von ÖVP und Grünen per Vertagungsantrag beerdigt (s. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_02047/index.shtml ).

Österreich bleibt damit im Kampf gegen LGBTIQ-Feindlichkeit trauriges Schlusslicht in Mittel- und Westeuropa. Andere Länder setzen längst mit öffentlichen Sensibilisierungskampagnen, speziellen Community-Programmen der Polizei und rigoroser Verfolgung von Hassverbrechen entsprechende Maßnahmen. Erst zum Jahresende setzten die Innenminister der deutschen Bundesländer eine eigene Fachkommission zur Ausweitung des Kampfes gegen LGBTIQ-Feindlichkeit ein. Ein entsprechender Antrag von SPÖ-Sprecher Mario Lindner liegt ebenfalls im Parlament, wurde aber nicht beschlossen (s. https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_02183/index.shtml). Der ständige Verweis der Regierungsparteien ÖVP & Grüne auf den geplanten Nationalen Aktionsplan Menschenrechte ist für Lindner daher eine bloße Ausrede: „Zu diesem Aktionsplan liegen weder Details, noch Budget oder konkrete Maßnahmen vor. Man kann nicht einfach jedes gesellschaftspolitische Thema in einen NAP packen, der wahrscheinlich nie zum Einsatz kommt. Das ist einfach fahrlässige Politik.“

Erstmals auch Daten zu transfeindlichen Verbrechen.

Durch die parlamentarischen Anfragen der SPÖ liegen erstmals auch Daten zu vorurteilsmotivierten Verbrechen gegen transidente Personen vor. Diese wurden bisher unter der Kategorie „Geschlecht“ subsumiert und wurden daher nicht eigens ausgelesen. Die neu SPÖ-Anfrage zeigt, dass es im ersten Halbjahr 2021 allein 17 Verbrechen gegen transidente Personen in Österreich gab. Diese Zahl sei aber mit großer Vorsicht zu genießen, da die statistische Erfassung voraussetze, dass die zuständigen Polizist*innen das transfeindliche Motiv eines Verbrechens erkennen bzw. die betroffenen Personen ihre Geschlechtsidentität überhaupt preisgeben – auch hier ist für die SoHo noch viel an Sensibilisierungsarbeit und Vertrauensaufbau zu leisten.